ES GEHT WIEDER LOS! oder TuBS: Der erste Spieltag der Saison 07/08 Warnung: Die in diesem Text enthaltenen Fachausdrücke sind nur dem japanischen entlehnt und haben ansonsten nichts mit der Sprache zu tun. Sie spiegeln lediglich eine lautmalerische Interpretation der Worte durch den Autor wider. Vorgabe ======= Kurz nach 20:00 Uhr. Ungewöhnlich pünktlich waren alle in Jens' Anwesen zugegen, die an dem Abend anwesend sein konnten. Nur noch wenige Minuten und die vierte Saison würde beginnen. Uwe konnte leider nicht bei uns sein. Er musste sich wieder einmal mit einem Platz in einem Internet-Cafe zufrieden geben. Lange Zeit wurde er von Thomas auf dem KGS vermisst. "Uwe ist noch nicht da! Uwe ist noch nicht da!" brummelte es dumpf aus dem Wohnbereich und drang lediglich so leise zu mir in den Flur vor, dass es meine tiefsten Gehirnwindungen nur spärlich erreichte. Sonst hätte ich Thomas schon etwas eher darauf aufmerksam gemacht, dass Uwe längst da war und er durch Wechseln in den deutschen Raum auch erspäht werden konnte. War dort Nervosität zu spüren? Wurden die Räume bereits vom Duft des Angstschweißes ob des bevorstehenden Events durchflutet? Knisterte die Luft vor Anspannung oder sogar Ehrfurcht? Nein. Wenn hier etwas knisterte, dann der Wasserkocher, der unentwegt mit schier unbändiger Lässigkeit dazu bewegt wurde, heißes Nass zwecks Zubereitung diverser Teesorten herzustellen. Diesmal gab auch ich mich diesem Genussmittel hin, um meiner schier ewig verweilenden Erkältung entgegen zu wirken. Unterstützt wurde dieses Vorhaben durch das lässige Einmummeln in eine warme Wolldecke, um dem kalten Zug zu entgehen. Die Lässigkeit erreichte schließlich ihren Höhepunkt, als Jenni auf die Idee kam, einen TuBS-Raum zu öffnen, worin wir dann lustig chatten konnten. Wenn unsere Gegner uns in diesen Momenten der Ruhe und Gelassenheit hätten sehen können, hätten sie wahrscheinlich sofort aufgegeben. Dann, Punkt 20:30 Uhr, gingen erwartungsgemäß die üblichen Fragen los: "Hab ich Schwarz?" "Wer macht nochmal die Partie auf?" "Gegen wen spiele ich nochmal?" "6 komi und 15 Steine in 5 Minuten, ne?" "Spielt ihr schon?" Langzeitbeobachter würden es vielleicht Rituale vor dem bevorstehenden Kampf nennen, eine Art Kriegsbemalung, die jedoch in diesem Fall vom Gegner gänzlich unbeobachtet bleibt. Uwe begann als erstes. Jenni unterhielt sich noch eine Weile mit ihm im TuBS-Chat, bis der mit den Worten "Ok, ich spiele schon" zu verstehen gab, dass er sich konzentrieren müsse. Schließlich spielten wir alle und Jenni schaute allen gebannt zu. Fuseki ====== Uwe hatte Schwarz und wollte eine Kobaiashi-Variante spielen, die sein Gegner mit einem Pincer verhinderte. Als das Fuseki vorbei war, hatten beide zwei Ecken und die Ränder waren einigermaßen gleichverteilt bis neutral. Thomas hatte Weiß und sein Gegner spielte San-ren-sei. Die Besonderheiten in ihrem Fuseki waren ein extremes Deppen-Joseki, gespielt von Thomas, bei dem sein Gegner fälschlicherweise den pressenden Stein sofort entwickelte und ein Moyo für Schwarz, inklusive Tengen. Weiß würde invadieren müssen. An Brett 2 hatte Jens wiederum Schwarz. Hier einigten sich beide Parteien zunächst auf eine gleichmäßige Aufteilung der Ecken und Ränder, ehe Weiß mit Tengen der Gleichstellung ein jähes Ende setzte. Auch Jens war also gezwungen, die Anlage zu unterhölen. Sein Gegner hätte ihm keinen größeren Gefallen tun können, wenn man Jens' Spielweise bedenkt. Ich hatte Weiß und sah mich ebenfalls mit Kobaiashi konfrontiert, was ich auch zuließ. Als mein Gegner dann, noch im Fuseki, die Initiative für ca. 20 Punkte abgab, die er zudem mit Stärke machte, war die Partie eigentlich schon entschieden. Dadurch bekam ich ein Kakari mit Extension, die hervorragend mit meinem 5-3 Stein harmoniesierte. Das Mittelspiel konnte kommen ... Mittelspiel =========== Das Mittelspiel begann bei allen ziemlich schnell, so dass Jenni sagte "Oh, ihr seid ja alle so schnell. Da mache ich mal lieber das Essen." Dies gehört, fingen einige scheinbar an, mehr ans Essen zu denken als an die Partie. Am meisten erwischte es Uwe, obwohl der das gar nicht hatte hören können ... seltsam. Uwe brachte sich selber in Schwierigkeiten und seinen Gegner zu Gebiet, wo keines war, als er den Moyo-Shimari-Angriff machte, obwohl kein Moyo da war. Dadurch kam Weiß überraschend zu mehr als 30 Punkten Gebiet ohne große Gegenleistung. Die erste Aktion war fehlgeschlagen. Er berappelte sich aber sofort und trennte zwei schwache Gruppen. In dem daraus resultierenden Kampf konnte er seine Gruppen stärken und hatte seinerseits ein kleines Moyo im Zentrum. Die Versuche, dieses Moyo einzudrücken, wurden von seinem Gegner etwas halbherzig vorgetragen, wodurch es zu Gebiet wurde: Die Sache war zu einem Endspielkampf geworden. Thomas spielte derweil seine Invasion. Alles lief normal, bis er plötzlich auf die Idee kam, seine Gruppen verbinden zu wollen. Das ging schief und die Invasionsgruppe kam in Gefahr. Im Zuge dessen wurden seine Schnittsteine bedroht. Diese konnten sich aber befreien, weil sein Gegner vergaß, im entscheidenden Moment den Deckel drauf zu machen. Kurz darauf erlaubte sich Schwarz einen Riesenpatzer und beantwortete einen Peep innerhalb seiner Ecke nicht: gut 25 Punkte wechselten den Gegner. Partie vorbei? Jens entschloss sich für eine Invasion durch Unterlegen am Eckstein. Die Gruppe kam auch zum Leben und normales Moyo-Gemache folgte dann zunächst, bis sein Gegner plötzlich anfing, mächtige Overplays zu spielen. Hier fehlte offensichtlich Praxis beim Invadieren. Jens spielte seine üblichen "hier und da kann man rein-crawlen und/oder leben" Dinger. Sein Gegner berappelte sich noch einmal und lebte in Jens' Ecke mit Hilfe des Ajis einer inzwischen recht toten Gruppe. Aber die Partie war da längst vorbei. Bei mir passierte nichts Besonderes mehr. Man möchte sagen, das Fuseki ging fließend ins Endspiel über. Endspiel ======== Uwes Partie entwickelte sich zu einer echten Endspielschlacht. Da wurden Kos gespielt und um jeden Punkt gekämpft. Am Ende hat es für Uwe mit vier Punkten gereicht. Damit sie nicht zählen müssen, hat sein Gegner aber beim Besetzen der Neutralen einmal gepatzt und dadurch diverse Steine eingestellt. Thomas spielte seine gewonnene Ecke locker nach Hause, gab hier und dort auch nochmal ein paar Steine weg, um sich nicht dauernd um den Kleinkram kümmern zu müssen. Er gewann schließlich mit Aufgabe bei ca. 20 Punkten Führung und aussichtsloser Situation für den Gegner. Immerhin hatte der noch einmal ca. 15 Punkte seit seinem Patzer aufholen können. But, who cares? Bei mir lief das Endspiel recht ruhig. Ich zählte immer mal wieder. Waren das immer noch die zehn Punkte vom Beginn des Mittelspiels? Kann sich da noch etwas verschieben? Gibt es irgendwo noch Aji, das der fiese Gegner hinterlistig ausnutzen könnte? Da ich solche Dinge nicht sah spielte ich die Partie locker runter. Zwischendurch waren es glaube ich mal nur fünf Punkte Vorsprung, aber wenige Endspielzüge später war der ursprüngliche Abstand wieder hergestellt. Zählen ====== Brett 1 Gerd Heinrich (2k, S) - Andreas Szostak (1k, W) 0:1 Brett 2 Andreas Koch (2k, W) - Jens Baaran (1d, S) 0:1 Brett 3 Uli Gerhõuser (3k, S) - Thomas Scholz (1k, W) 0:1 Brett 4 Frank Schebesch (5k, W) - Uwe Richter (1k, S) 0:1 Post Mortem =========== Betrachtet man die Spielstärken, ist das Ergebnis erwartet. Das war kein Gradmesser für den Verlauf der Saison. Aber nichts ist so schwer wie der Anfang. Und der Anfang ist jetzt gemacht. Nach den Partien haben wir dann das leckere, von Jenni zubereitete Essen verzehrt. Sehr lecker und sehr wohlverdient! Andreas Szostak, 24.09.2007